Wettbewerb schafft nur Verlierer

Letzten Mai wurde das letzte Mal ein rekordmässiger Lotto-Jackpot wurde geknackt. Jemand hat am Samstag den 20. Mai 37 Millionen gewonnen. Wohnt die glückliche Person im Kanton Bern, darf sie nach Abzug der Steuern gut 24 Millionen behalten. Im Gegensatz zu rund 1 Million hoffnungsvoller LottospielerInnen an besagtem Tag habe ich nicht mitgespielt und bereue nichts. Trotzdem ist die Lottoziehung ein gutes Beispiel für Wettbewerb jeglicher Form. Ein weiteres Beispiel wäre der Grand Prix von Bern, der grösste Volkslauf der Schweiz mit rund 30'000 Teilnehmenden jedes Jahr. Gewonnen hat wie 2017 wie 2017 der Eritreer Ghirmay Ghebreslassie bei den Männern und Viktoria Pogorielska aus der Ukraine bei den Frauen. Und die anderen 29'998 Teilnehmenden? Sie haben nicht gewonnen, sie haben verloren. Rund 1 Million Lottospieler ohne Millionengewinn ebenso. 

Wie gerne beschwören Bürgerliche doch Wettbewerb und Leistungsgesellschaft um mit hanebüchenem Sozialdarwinismus die Legitimation der fleissigsten und ihren Rang in der Gesellschaft zu bekräftigen. Ob beim selbstzerfleischenden Steuerwettbewerb zwischen Gemeinden, Kantonen und Ländern oder beim Rennen nach dem besten Job für sich, der besten Schule und Kindestagesstätte für die eigenen Kinder oder dem höchsten Gehalt. Der Wettbewerb (oder der Markt) sollen es richten, denn dort oben an die Spitze schaffen es «nur die besten».

 

Dass dabei in der Politik nicht die schlausten oder geeignetsten, eher nur die lautesten sich durchsetzen beweist täglich US-Präsident Trump. Wie unsinnig der Wettbewerbsdruck ist merken wir aber umso mehr bei den Beispielen Steuern und Bildung in der Schweiz.

 

Kantone kürzen ihre Ausgaben etwa für das teure Bildungssystem (z. B. der Kanton Bern), damit sie «gute» (reiche) SteuerzahlerInnen anziehen können. Die Steuern sinken, ausschliesslich für reiche, denn nur sie können «gute» SteuerzahlerInnen sein, der Service Public sinkt aber bei der Bildung und wirft den besagten Kanton um Jahre zurück. Eine Steueroase können wir in Bern bei diesem Rattenrennen schon rein mathematisch nicht werden, der Kanton ist zu gross. Pyrrhus-Sieger sind Kantone wie Schwyz, Zug und für Firmen neuerdings Luzern. Die Bevölkerung der drei besagten Kantone (und der 23 anderen) inklusive der 1 Million Menschen im Kanton Bern haben das Nachsehen. Millionen enttäuschte Verlierer, eine Handvoll Gewinner, Politik und Service Public verkommen endgültig zur Lotterie (in bürgerlicher Sprache Wettbewerb).

 

Die Menschen wollen nicht die «beste KiTa» für ihr Kind stadtweit suchen müssen oder warten bis «der Markt» sie herauskristallisiert hat, sie wollen eine KiTa die hoffentlich nahe ist, Platz hat und sich an die vorgegebenen Standards hält. Die Menschen wollen langfristig nicht den besten, sondern einen sicheren Job. Mir ist egal, wenn ich in der Stadt Bern mehr Steuern zahle als ich es in Muri tun würde, denn ich weiss, dass ich mich in Muri nie so heimisch fühlen würde, wie ich es in meiner Heimatstadt tue.

 

Wettbewerb produziert in grosser Zahl einzig VerliererInnen, egal in welchem Zusammenhang. Eine Politik die sich an alle statt nur wenige GewinnerInnen richtet, braucht keinen Wettbewerb, sondern Verlässlichkeit, Sicherheit und die Fähigkeit sich den Menschen anzupassen, statt den oder die im Wettbewerb herauszupicken, der am besten passt. 

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