Wir sind hier, unsere Bundesräte aber in Sotschi

Die Deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat vorbildlich im Januar dem Fussballprofi Thomas Hitzlsberger zu seinem Coming-Out gratuliert. Im Schweizer Sport warten wir noch vergebens auf derartige Gesten.

Am 7. Februar werden die Olympischen Spiele im russischen Sotschi eröffnet. Die Präsidenten unserer zwei wichtigsten Nachbarländer Deutschland und Frankreich haben entschieden, dem Anlass im Hinblick auf die menschenverachtende und auch homophobe Politik des russischen Gastgebers fernzubleiben.

 

 

Unseren Sportminister und ehemaligen Bundespräsidenten Ueli Maurer  bewegt dies nicht. Er lässt sich den Spass nicht nehmen und geht zum Feiern nach Sotschi, ebenso der neue Bundespräsident Didier Burkhalter.

Nun sind Ueli Maurer (SVP) und Didier Burkhalter (FDP) aus Parteien, die selten bis nie durch Akzeptanz moderner gesellschaftlicher Werte auffallen. Aus der FDP hörten wir Opposition gegen die Adoption in  Regenbogenfamilien, weil „man den Lauf der Natur nicht ändern“ könne (Zitat von Nationalrat Christian Lüscher, FDP/GE). Die SVP stemmt sich noch kraftvoller und realitätsfremd gegen jegliche Neuerungen, sei es bei der Bildung, der Gleichstellung von Frauen, LGBTs und ihren Familien. Beim Schulunterricht wehrt sich die Partei gegen den Lehrplan 21, weil er die «Gleichwertigkeit sexueller Orientierungen propagiert» und verlangt stattdessen, dass die ‚klassische’ Familie als «staatserhaltende Kraft und jahrtausendealte Lebensform» angepriesen wird.

 

Selbst bei ihren Kerngeschäften wie der Armee setzt sich die Partei lieber für neue Flieger und alte Konzepte ein, statt uns BürgerInnen ernsthaft davor zu schützen, dass der amerikanische Geheimdienst unsere Emails liest. Ideen und Politik aus dem letzten Jahrhundert eben, die uns in der heutigen Zeit behindern, aber sicher nicht vorwärts bringen. Gerade dieser ewige Blick nach hinten statt nach vorne lässt mich an den wenigen Schwulen zweifeln, die sich in der GaySVP profilieren – oder dies zumindest versuchen. Sie wirken nicht wie der legitime LGBT-Ableger einer Bundesratspartei, sondern mehr wie ein peinliches Feigenblatt aus instrumentalisierten Schwulen, denen Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung wichtiger sind, als ein Bekenntnis ihrer eigenen Partei zur Realität. Wir LGBTs sind da, es gibt uns. Und wir lassen uns nicht in den Untergrund der Vergangenheit zurückdrängen. Nicht von Präsident Putin und von unseren rückschrittlich bürgerlichen Bundesräten sowieso nicht.

 


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