Über Steuerhöllen und andere Mythen

 

Es ist Wahljahr in unserer Stadt. In einer Stadt, wo RGM seit 20 Jahren die Mehrheit und den Stapi stellt. Das Abendland ist zur Überraschung mancher bürgerlichen Seele trotzdem nicht untergegangen. Im Gegenteil: Die wirtschaftlich stärksten Gemeinden in unserem Land werden zur Zeit links regiert - und dies erfolgreich. Und stetig wächst auch die Zahl der Kantone, die erfolgreich sind und links wählen. Der Kanton Bern ist ein gutes Beispiel, der Kanton Waadt aber das neuste. Bald vielleicht sogar der Kanton Genf.

 

Aber dies alleine reicht nicht um die Wahlen zu gewinnen. WählerInnen vergessen leider schnell. Und ob der vielen kleinen Probleme, die in unserer Stadt Thema sind, geht schnell unter, welche Probleme wir bei uns eben nicht haben: z. B. Kriminalität, Verkehrskollaps oder Slumbildung. Auch das ist eine Leistung, doch dies anzuerkennen wäre im Wahlkampf zu unspektakulär.

 

Deshalb stellen wir uns doch mal vor, wie es waere, wenn bürgerliche die Stadt regierten. So manche schweizer Gemeinde zeigt uns ja vor, wie das geht. Zunaechst einmal werden die Steuern gesenkt. Wenn reiche Menschen weniger an den Staat (also die Allgemeinheit) abliefern, geht es uns ja allen besser, nach deren Logik. Denn dann waechst die Wirtschaft rasant und alle haben Arbeitsplaetze. Toent sehr ueberzeugend, nur funktioniert dies nicht. Die Weltgeschichte und die Innerschweiz beweisen dies.

Tiefe Steuern sind bekanntlich am Zürichsee sehr beliebt. Das Resultat sind tatsaechlich blühende Landschaften. Nur leider blueht vor allem Unkraut, in form eines unbädigbar wachsenden Aggloteppichs. Die Zuwanderung von Schweizern und Ausländern in den betroffenen Gemeinden und Kantonen ist so hoch, dass zahlbare Wohnungen z. B. in Zug Wunschtraum sind. Einheimische finden keine Wohnung mehr und müssen den Kanton wechseln, was etwa bei der Kapo Zug seit langem zu Problemen fuehrt. Und die Landschaft wird zersiedelt, bis sie keine mehr ist.  

Steuern senken ist sehr einfach. Genauso einleuchtend sind die Konsequenzen: das Geld reicht nicht mehr um die Rechnungen zu zahlen. Der Kanton Zug, die Goldkuestengemeinden mit starkem SVP Wahlvolk und die Millionärsghettos am linken Zuerichseeufer schreiben alle Defizite, wie z. B. Zollikon.

Was im kleinen zurzeit in diesen Gemeinden passiert, war schon zu Reagans und Thatchers Zeiten der Fall: tiefe Steuern fuehrten nicht zu Wirtschaftswachstum, sondern einzig zu explodierenden Schulden - und daran knabbert das Volk noch heute.

Manche mögen die stadtberner “Steuerhölle” bemitleiden, doch so manche(r) GemeindepraesidentIn am Zürichsee tut dies vielleicht gar nicht. Er oder sie muss nämlich in kürze die Steuern erhöhen und somit die Neuzuzüger verprellen, weil die Reserven durch Defizite verbraucht sind. Oder er oder sie zieht noch mehr potente Steuerzahler an: mit tiefen Steuern, d. h. weiteren Defiziten, weiterer Zuwanderung und Zersiedelung. Willkommen im Teufelskreis bürrgerlichen Wachstums. Und auf einmal erscheint die bernische Steuerhölle wie eine gemuetlich warme Stubete.

 

 

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